Da just vor drei Tagen auch Georgios in seinem Blog eine eigene Einteilung gemacht hat, möchte ich mir jetzt mal die beiden Ansätze anschauen und miteinander vergleichen.
Wozu eigentlich eine Auflistung von Spielleiter-Typen?
Ok, es gibt die Spieler-Typen. Eine erste Liste (ich glaube bestehend aus drei Typen) wurden schon vor sehr langer Zeit (also Anfang der 90er) im Usenet herausgearbeitet, dann verfeinert, noch mehr eingeteilt usw. Zuletzt wurde praktisch immer die Einteilung von Robin Laws in Power Gamer, Butt-Kicker, Tactician, Specialist, Method Actor, Storyteller und Casual Gamer hergenommen. Diese Einteilung ist zwar willkürlich und es gibt immer wieder Spieler, die sich gar nicht in das Raster einfügen lassen (auch nicht mit Mischungen von verschiedenen Typen), trotzdem kann ein Spielleiter eines klassischen Rollenspiels, der weiß, mit was für Spielern er an einem Tisch sitzt, mehr Spielspaß generieren. Durch die Einteilung in die Typen kann man sich und andere leicht beschreiben und allgemeine Spieltipps für Spieler bestimmten Typs geben, was Laws in seinem Büchlein Robin's Law of Good Gamemastering auch tut und weswegen gerade dieser Text so erfolgreich und beliebt ist.Die Spieler werden dabei nach Vorlieben eingeteilt: Was mag der Spieler am Spiel? Was erwartet er von dem Spiel? Wie geht er ans Rollenspiel ran? Kritiker werfen Laws vor, er vergisst dabei die anderen Spieler am Tisch. Das Big Model beispielsweise propagiert die kreativen Agenden (CA=creative agenda), die beschreiben, welche Art von Spiel die Spieler miteinander spielen und wofür sie sich gegenseitig positiv verstärken. Vom Ansatz her theoretisch erstmal besser, lässt sich das Big Model am Spieltisch aber leider kaum anwenden (vor allem, weil es kaum einer kapiert und die meisten, die es verstehen, sehen ein, das man damit im Spiel eigentlich nicht viel machen kann — es dient eher zur Verbesserung des RPG-Designs).
Aber wozu Spielleiter-Typen? Die Gruppe bereitet ja nichts für den Spielleiter vor und tut nichts für ihn, oder doch? Weder Ulrich noch Georgios gehen auf diese Frage wirklich ein, jedoch kann ich mir schon vorstellen, dass, wenn die Gruppe ihren Spielleiter kennt, sie sich besser darauf einlassen kann. Aus dieser Sicht wäre also eine „gute“ Einteilung eine, bei der die Spieler im Spiel dabei helfen können, aus diesem Wissen heraus das Spiel zu verbessern. Sie erkennt vielleicht, wie der Spielleiter tickt, warum er was macht und wie sie darauf sinnvollerweise reagiert. Dazu müsste eine SL-Einteilung häufige Kombinationen von bevorzugten Techniken und Motivationen vorstellen.
SL-Typen der Selemer Tagebücher
Ulrich teilt die Spielleiter vor allem nach Motivationen der Spielleiter ein. Er findet acht Typen: das Opfer, der Unzufriedene, der Musenliebling, der Erzähler, der Schauspieler, der Allmächtige, der Mittelpunkt der Erde und der Psychologe. Er sieht vor allem die Beziehung des Spielleiters zu seinen Spielern und geht dabei leider kaum auf bevorzugte Techniken o.ä. ein. Vielmehr kann man klar „schlechte“ und „andere“ Spielleiter-Typen unterscheiden. So ist beispielsweise das Opfer ein schlechter Spielleiter, auch der Unzufriedene, der Mittelpunkt der Erde und der Allmächtige kommen in der Beschreibung nicht besonders gut weg. Auch wird mir nicht unbedingt die Trennung zwischen Musenliebling und Erzähler klar: Der Musenliebling wirkt auf mich wie eine Spezialisierung des Erzählers (und nicht wie ein getrennter Typ), da er seine Geschichten aus der Welt der Medien holt.Darüberhinaus fällt auf, dass die Einteilungen teilweise die gesamte Gruppe mit in die Motivation einbeziehen (z.B. das Opfer oder der Unzufriedene), teilweise die Motivation aber ganz aus dem SL selbst kommt (z.B. der Erzähler). So kann es sein, dass ein Spielleiter ein vollwertiger Erzähler ist und gleichzeitig ein vollwertiger Unzufriedener, also ein SL, der mit dem bisherigen Spiel unzufrieden war und deswegen der Gruppe mal so richtig zeigen will, was ein guter Erzähler leisten kann.
Insgesamt erscheint mir diese Einteilung in Hilblick auf meine zuvor gesteckten Kriterien wenig hilfreich zu sein, was an mehreren Punkten liegt:
- Die Typen sind nicht sauber getrennt
- Die Typen sind wertend
- Es gibt kaum Verknüpfung von Motivation und Technik
Georgios Einteilung
Georgios präsentiert wie Laws sieben Typen: der Weltenbastler, der Duellant, der Plotmeister, der Zeremonienmeister, der Schauspieler, der Regisseur und der Versorger. Georgios präsentiert damit Typen, die er nach benutzten Techniken einteilt und diesen Motivationen zuordnet. Darüberhinaus versucht er, Tipps für die Spieler im Umgang mit dem jeweiligen Spielleiter zu geben. Daher ist diese Einteilung schon vom Ansatz her als Spielhilfe erkennbar und recht nah an den Spielertypen von Robin Laws.Georgios geht offenbar davon aus, das der Spielleiter seinen Job grundsätzlich gerne macht, auch wenn er, wie der Versorger, nur als letztes „Nein, nicht ich!“ gerufen hat. Er betrachtet keine „egoistische“ Motivationen, teilt stattdessen die Motive, die innerhalb des Spieles liegen, konsequent ein. Ob er im Wesentlichen nichts vergessen hat, müsste man mal an diversen Spielleitern ausprobieren; vielleicht man eine Umfrage starten ob sich jeder SL in seiner Einteilung wiederfinden kann.
Aber…
… sind das jetzt tatsächlich zwei verschiedene Einteilungen? Wollen wir doch mal sehen, ob man nicht ungefähr gleiche Typen nebeneinander stellen kann:das Opfer = der Versorger
der Unzufriedene = ???
der Musenliebling =(?) der Plotmeister
der Erzähler = der Regisseur
der Schauspieler = der Schauspieler
der Allmächtige = ???
der Mittelpunkt der Erde = ???
der Psychologe = ???
??? = der Duellant
??? = der Weltenbastler
??? = der Zeremonienmeister
Hm, passt also nicht wirklich gut, aber man kann auch nicht sagen, dass es überhaupt nicht passt. Woran liegt das? Das liegt meiner Meinung nach vor allem daran, dass Ulrich bei den Selemer Tagebüchern im Gegensatz zu Georgios nicht konsequent den Schnitt in eine Richtung gemacht hat. Motivationen wie der Allmächtige, der Mittelpunkt der Erde oder der Psychologe liegen tatsächlich quer zur Techniken-Einteilung und erweitern die Typen von Georgios tatsächlich um eine weitere Dimension. Der Erzähler, der Schauspieler und der Versorger dagegen laufen parallel dazu.
Fazit
Die Einteilung von Spielleiter-Typen ist interessant und kann mMn dazu führen, dass eine Gruppe ihren Spielleiter besser versteht und das Spiel in der Folge mehr Spaß macht. Die Einteilung von Georgios halte ich der Einteilung von Ulrich überlegen, auch wenn Ulrich mehr verschiedene Aspekte einbringt. Ich hielte es für spannend, wenn Ulrich seine Einteilung beispielsweise auf „Wie ist der SL SL geworden?“ oder „Was motiviert den SL in Bezug auf die anderen Spieler?“ konzentriert und dafür konkrete Erkennungsmerkmale und Spieltipps ausarbeiten würde.Dom